Mittwoch, 10. Oktober 2012

Welcome to Iran!

Anfangs hatten wir wirklich ein ziemlich mulmiges Gefühl beim Gedanken dieses riesige, tiefislamische Land (halb Westeuropa passt da flächenmäßig leicht hinein!) der Länge nach zu durchqueren. Aber alle Angst und Unsicherheit war wirklich vollkommen unbegründet, bis jetzt war der Iran quasi das Kronjuwel unserer Reise!

Auf der türkischen Seite des Grenzüberganges wurde uns von einem freundlichen, etwas Englisch sprechenden Soldaten gleich ein Spickzettel mit den drei der Reihe nach anzulaufenden Stationen mitgegeben. Schon bei der ersten Station war dann große Aufregung, da in unseren Pässen mit dem Türkei-Visum kein Iran-Visum war. Das war ja im anderen Pass, also kramten wir auch diesen hervor. Dass ein Mensch zwei Reisepässe haben konnte, war für die Jungs dort offenbar ganz was neues, und allgemeines Gelächter war die Folge. Auf die Frage „Why, why two Passports?“ hab ich Ihnen dann auf Englisch schnell die Situation mit den verschiedenen Visa für Iran, Pakistan und Indien erklärt, und das sich das alles mit einem Pass einfach nicht ausgegangen wäre...

Ihre Gesichter zeigten mir klar und deutlich, dass sie kein Wort verstanden hatten, dennoch schien die Sache für sie damit abgehakt zu sein... *g*

Auf iranischer Seite lief die Sache dann relativ entspannt ab, schnell fand sich ein „Helferlein“ das uns durch die Einreiseformalitäten für Mensch und Maschine half, und die Wartezeit auf der bequemen Couch wurde uns mit Weintrauben verkürzt. Unser Helferlein hat sich seinen Lohn dann später beim Geldwechseln von uns geholt, damit hatten wir aber nicht wirklich ein Problem, weil die Ganze Sache mit Stempel hier, Unterschrift da usw. relativ kompliziert abgelaufen ist, und wir ganz ohne Hilfe da kein Licht am Ende des Tunnels gesehen hätten. Von dem Zeitpunkt an waren wir übrigens beide Millionäre, der größte Geldschein im Iran beträgt nämlich 500.000,- Rial, und von denen hatten wir dann einige...

Schaut nach viel aus, is aber keine €100,- wert...
 
Interessant fanden wir die Tatsache, dass die Motorräder kein einziges Mal auch nur ein bisschen unter die Lupe genommen wurden, unsere Carnets hätten echt auf Puch Maxis ausgestellt sein können, und wir wären trotzdem problemlos mit den KTMs über die Grenze gekommen. Auch die angeblich so wichtige Krankenversicherungsbestätigung auf Englisch wollte nie jemand sehen, und so wurde nach kurzem herumscherzen („Tourist, not Terrorist! “) die Schranke für uns geöffnet und es hieß „Welcome to Iran!“. Und der Grenzsoldat schien das sogar wirklich so zu meinen, der hat dabei übers ganze Gesicht gestrahlt und gelacht, ganz eigenartig, sowas hab ich ja noch nie an einem Grenzübergang erlebt... ;-)

 
 



Ein paar Meter später blieben wir dann stehen, um all unsere Dokumente wieder sortiert zu bekommen, und Sekunden später waren diese beiden freundlichen Jungs bei uns, haben unsere Motorräder bestaunt, gefragt, ob sie irgendwie helfen können, und uns ebenfalls herzlich willkommen im Iran geheißen. Na das ist ja mal ein Empfang! ;-)







Sonnenuntergag war auch wieder mal fesch:


Und als wir bei den ersten Läden die wir sahen stehen blieben, um uns Zutaten für ein Abendessen zu besorgen, fanden wir zwar kein Abendessen, wurden dafür aber auf Tee und Kuchen eingeladen. Dass das Dorf dort kurdisch war, und jeder sehr stolz darauf, wurde uns so nebenbei auch wieder mal gesagt... *gg*

Bei der Abfahrt dort schlich sich dann auch ein neues Lied in meine Ohrwurmdatenbank ein: „It's a wonderful, wonderful world“ - von wem auch immer das ist... ;-)

Beim nächsten Dorf schafften wir es dann trotz des um uns herum entstehenden Menschenauflaufs Eier, Brot und Kartoffel zu kaufen, einer der Jungs (vermutlich Sohn des Ladenbesitzers oder so) half uns sogar das Zeug in dem Gewirr aus Menschen zusammen zubehalten.

Also gabs nichts mehr, das uns daran hindern konnte, unsere erste Nacht im Iran „wild“ zu verbringen:

Hier konnten wir dann auch endlich etwas nützliches mit den türkischen Strafzetteln machen... ;-)

Nettes, Platzerl, oder? ;-)
 
Am nächsten Tag wars dann soweit, unser erster Tankstopp im Iran stand an!

Alles klar, oder? *g*

 
7.000,- Rial pro Liter klingt jetzt erstmals vielleicht ein bisschen viel, wenn man aber bedenkt dass ein Euro ca. 34.000,- Rial entspricht, macht tanken auf einmal wieder Spaß! ;-)
 
 

Aja, auf Tee wurden wir auch wieder mal eingeladen, diesmal vom Chef der Tanke persönlich:

Mit dem hab ich mich übrigens gebrochen auf Russisch unterhalten, mein Russisch war immer noch etwas besser als sein Englisch... *g* - Hätte mir das jemand vor vier Jahren prophezeit, dass ich im Iran mal auf russisch mit einem Tankstellenbetreiber spreche, hätt ich ihn wohl zu des Wahnsinns fetter Beute erklärt... ;-)







Unser Ziel für die Mittagspause war dann „Lake Urmia“:

 
Irgendwie hatten wir uns unter einem See immer was tiefblaues, nasses vorgestellt, dass das im Iran nicht immer der Fall ist haben wir hier erstmals gesehen. Heißt dann wohl Salzsee, die Angelegenheit...

Der Richi hat wieder ein sehr cooooooles Stanamandl gebaut! - Is halt durch und durch a Bauarbeiter, und kanns  einfach net lassen! ;-)



















Ein wenig später hatte Richi dann die grandiose Idee, bei einem der Standln am Straßenrand zwei Flaschen Wasser zu kaufen. Die Idee war aufgrund zweier Dinge sogar extremst super: Zum einen bekamen wir zwei Äpfel dazu geschenkt, und zum anderen waren wir zwei Stunden später noch keine 10km weitergekommen. Richis Kathi hat nämlich nach einer lautstarken Fehlzündung einfach den Dienst verweigert:


Haben wir zuerst gehofft, dass das Problem durch den Austausch der Hauptsicherung gelöst wäre, mussten wir nach drei erfolgreich gegrillten Sicherungen leider feststellen, dass doch etwas intensivere Fehlersuche notwendig war... :-/


Nach der guten alten: „Was man dabei hat braucht man nicht, was man braucht, hat man nicht dabei“ - Regel haben wir das Multimeter natürlich daheim vergessen, und so mussten wir improvisieren:


Aus einem Stückchen Kabel und einer Ersatzlampe hab ich mir also eine Prüflampe gebaut... *gg*

Und den Fehler dann auch gefunden:

 
Beim Einbau des zweiten Lüfters Zuhause haben wir die Kabel des großen Kondensators wohl etwas blöd verlegt, und im Laufe der vielen Kilometer hat der Tank das Kabel dann durchvibriert und einen Masseschluss verursacht... :-/

Naja, wenigstens waren wir selbst dran schuld und haben wieder was gelernt... :-)

Die Gegend in der wir stehen geblieben sind war recht einsam, also haben wir uns doppelt über die zwei Flaschen Wasser und die Äpfel gefreut! - Ohne Wasser wärs da in der prallen Sonne wohl noch ein wenig ungemütlicher gewesen...


Lötkolben und Isolierband hatten wir aber dabei, also Kabel geflickt, vernünftig verlegt, und weiter gings!

Trotz der ersten (und letzten! ;-) ) Panne auf unserer Reise hatten wir an unserem ersten ganzen Tag im Iran schon mehr Fahrspaß als in all der Zeit in der Türkei zusammen, und am zweiten Tag hatten wir noch doppel soviel Spaß! Die Türken müssten sich also gar keine Straßenbauexperten aus Sardinien holen, sondern nur mal kurz zum Nachbarn sehen, die Iraner haben das nämlich genauso drauf!

Unterwegs in einem Dorf wieder mal heiteres Abendessenshopping in einem der typischen kleinen Greislerläden:
 Anfangs war uns immer etwas mulmig wenn wir in komplett verlassenen Dörfern in so kleine Läden, in denen niemand englisch spricht, reingingen...
Mithilfe unseres Langenscheidt "OhneWörter"-Bilderbuches haben wir aber noch immer genug brauchbares Futter aufgetrieben! Und die Leute sind immer wieder eine Wucht, da wird man vom halben Dorf bestaunt, und trotz der unüberwindbaren Sprachbarriere wird einem freundlch und zuvorkommend nach bestem Wissen geholfen! ;-) Und so ein komplettes Abendessen für uns beide (Brot, diverse Gemüse, Nudeln, Eier, oder was es sonst halt gab, Saft, Wasser und eventuell ein Päckchen Kekse) gibts um rund 50.000,- Rial. (~€ 1,50) - We Like! ,-)

Leider hat unsere erste "Roadside Repair" aber ziemlich viel Zeit gekostet, also kamen wir erst nach der Dämmerung in die Nähe des Tagesziels: dem Takht E Soleyman, dem Thron des Salomon.

Dort haben wir uns dann einfach dahinter offroad im Dunkeln den Hügel hochgearbeitet, und hatten dann diese Aussicht von unserem "Campingplatz":


 In der Nacht, als ich gerade am abwaschen war, bekamen wir dann besuch von zwei Nachtwächtern des antiken Welkulturerbes. Die hatten wohl unsere Stirnlampen gesehen, und wollten wissen was da verdächtiges vorgeht... *gg* Die beiden waren aber trotz nur spärlichst vorhandenem Englisch extremst freundlich und hatten genau gar kein Problem mit unserem Camp dort. Die waren einfach nur neugierig und wollten sich ansehen was da so passiert. Als ich mit Ihnen dann die letzten Reste der aus Van mitgebrachten Süßigkeiten teilte war sowieso alles eitel Wonne, und die Beiden verabschiedeten sich indem sie die rechte Hand zum Herzen führten und sich dabei leicht verbeugten. Eine Geste die wir auch im Osten der Türkei schon öfter gesehen haben, und im Iran noch oft sehen werden... Sehr freundlich!

Links mittig unser Zelt...
Am nächsten Morgen wurde der Thron dann erobert, aber erst nachdem Richi den Transportsack des Zeltes genäht hat. Irgendwie war uns beim ersten wiedereinpacken schon klar, dass der Sack die Schwachstelle des ganzen Zeltes ist, und früher oder später genau das passieren wird, was dann passiert ist...





Zentrum der ganzen Sache ist ein See offensichtlich vulkanischen Ursprungs, der unterirdisch von einem der nahe gelegenen Gebirge gespeist wird und Abflüsse nach Norden und nach Süden hat. Früher waren es wohl mal noch mehr Abflüsse. Wieviel davon komplett natürlich ist, und wieviel menschlich beeinflusst ist nach all den 1000en von Jahren etwas schwierig zu sagen, aber dass um dieses Naturwunder herum eine Festung und zig Tempel gebaut wurden ist sehr nachvollziehbar...


komisch, warum?!?




schwer zu glauben, aber dort schneits angeblich wirklich öfter mal im Winter...



Das war angeblich mal ein Backofen...
 Ich hab ja schon wirklich viele, kaum bis gar nicht durchdachte, unnötig komlizierte Stahlbauten und Unterstützungen gesehen, aber etwas so dermaßen mies konstruiertes und ausgeführtes hab ich selbst im tiefsten Indien noch nicht gesehen...



 Weiter gings dann in Richtung kaspisches Meer, davor blieben wir aber noch in der ersten größeren Stadt, Zanjan, kurz stehen und wollten uns Ersatz für all die erfolgreich gegrillten Sicherungen holen.

Dabei entstand natürlich wieder ein kleiner Menschenauflauf, mit so "großen" Motorrädern ist man im Iran wirklich was besonderes!
Hier sind es schon wieder deutlich weniger Leute, davor waren das wirklich sicher dreimal soviele, da hatte vor lauter auf uns einprasselnden Fragen aber keiner Zeit zu fotografieren...


Dieser freundliche Kerl hat uns dann Sicherungen von irgendwo aufgetrieben, wollte nichtmal Geld dafür, und auf Tee hat er uns auch noch eingeladen... Iraner sind glaub ich wirklich die freundlichsten und nettesten Leute der Welt!


 Von hier gings dann wieder mal auf 2600m hoch, überhaupt haben wir uns die Meiste Zeit im Iran zwischen 1500 und 2500m Höhe bewegt. Ist unglaublich wie gebirgig das Land großteils ist, hätten wir uns echt nicht gedacht. Entsprechend kurvig sind daher auch die Straßen!



Hier oben wollt ich dann wieder mal meine GoPro montieren um den Kurvenwahnsinn mitzufilmen, dabei musste ich leider feststellen, dass schon das zweite Gehäuse den Vibrationen eines LC4 Motors nicht gewachsen war... A so a Klumpat owa a, filigraner Schas, elendiger!!!


In der Nähe des kaspischen Meeres beschlossen wir dann nicht in der Dunkelheit herumzufahren, und schlugen uns wieder mal in die Büsche um dort zu campieren. Richi hat wieder mal vorzüglich gekocht:


 Danke an dieser Stelle mal an Nadine, das von ihr zusammengestellte Gewürzsalz hat uns wirklich jede unserer selbstgebauten Mahlzeiten verfeinert! ;-)

In der Nacht begann es dann heftig zu regnen, was uns an sich nicht besonders gestresst hat, da unser Zelt erwiesenermaßen wasserdicht ist. Gegen halb 6 in der Früh bin ich dann trotzdem aufgrund nasser Füße aufgewacht: Unser kompletter Zeltplatz stand nämlich so ca 10cm unter Wasser. Meine Kathi hatte sich aufgrund des aufgeweichten Bodens auch schon entschieden sich hinzulegen, und so blieb uns nichts anderes übrig als im strömenden Regen unsere Sachen zusammenzupacken, das Zelt auf ein ca, 30cm höheres Niveau zu transportieren, und auf ein baldiges Ende des wirklich starken Regens zu warten. Das taten wir dann in einem nahegelegenen Rohbau, wo uns einige Stunden später der etwas überraschte Besitzer von ebendiesem fand, der zur Kontrolle der Dichtheit des Daches mal vorbeigeschaut hat... *gg*

So sah die Umgebung vom Rohbau aus, in dem Wäldchen dort hatten wir campiert.




Dieser unglaublich freundliche Mann brachte uns dann Teppiche, Decken, einen Petroleumofen und Tee um uns wieder aufzupäppeln:

















 Und so sahs in unserer kuschligen Ecke des Rohbaus dann aus:


So ein iranischer Rohbau offenbart übrigens interessante Detaillösungen, überhaupt wird dort ziiiieeeemlich damisch und unsauber gearbeitet... *g*



Als wir uns dann wieder halbwegs getrocknet hatten, und der Regen auch fast weg war, beschlossen wir die Gastfreundschaft des Herren nicht länger zu strapazieren und wollten uns wieder auf den Weg machen. Ich hab dann noch schnell den Petroleumofen abgedreht, der mir, als ich zur Kontrolle nochmal reingeschaut hab, dann freundlicherweise mit einer Stichflamme das Gesicht ordentlich versengt hat...

Ich hab jetzt Augenbrauen wie so ne metrosexuelle Halbtunte, aaaaaaahhhh!!!
Der freundliche Herr hat uns dann auch noch beim Zusammenkramen unseres Zeugs geholfen:


Das Wasser war in der Zwischenzeit um weitere 30cm gestiegen, sodass schon wieder das halbe Zelt schwamm...


Hier stand das Zelt ganz am Anfang, Richi hat hier einen vergessenen Gurt aus dem Wasser gefischt...


 Bei der Gelegenheit muss ich mich übrigens über meine tollen Daytona Touringstar GTX Stiefel beschweren, wenn das Wasser beim Schaft oben reinrinnt, is es nämlich aus und vorbei mit wasserdicht, a so a Klumpat! ;-)

Als wir unsere 7 Sachen dann beinander hatten, machten wir uns auf den Weg in Richtung Tehran. Der Regen hielt aber noch ein Weilchen an, und dass das dort kein gewöhnlicher Regen war, wussten wir spätestens als wir Fahrzeuge der Straßenmeisterei bis zur Achse im Schlamm stecken sahen...

Dass Bagger Verkehrsinseln, die das Abfließen von Wasser behindern, wegreißen, kommt dort wohl auch nicht alltäglich vor, genauso wenig wie 50cm hohes Wasser auf der Straße.

Zum Teil kam uns das Wasser sogar über das Windschild der KTMs entgegen, wir hatten schon ernsthaft bedenken, dass Wasser in die Airbox gelangen könnte und uns die Kisten dort verrecken...

Unsere Kathis haben das aber wieder mal weggesteckt als ob nichts gewesen wäre, nur Standgasprobleme hatten beide unter diesen Bedingungen. Aber dieses einfach schnell auf 1700 U/min hochgedreht, und schon hatte das unmotivierte Absterben bei gezogener Kupplung ein Ende! ;-)

Später hörte es sogar noch zu regnen auf, und wir konnten uns kurz das kaspische Meer ansehen, bevors schon wieder auf 2700m Höhe raufging.

einladend ist anders...

Dass Wetter war aber bis zur Überquerung der Berge nicht besonders schön, über 2000m Seehöhe fuhren wir komplett in den sehr tief hängenden Wolken und hatten auf der sehr stark befahrenen, extrem kurvigen Strecke auch noch mit der abendlichen Kälte, die durch unsere nassen Klamotten einfach so durchging zu kämpfen...

So sahs dann auf der Südseite aus, durch die Wolken die sich hier über den Bergkamm schieben sind wir kurz davor noch gefahren...



Die Sonne war zu dem Zeitpunkt auch schon am Untergehen, und bis Tehran waren es noch über 100km...

Ob wirs an dem Tag noch nach Tehran geschafft haben, und was wir dort erlebt haben erzähl ich dann ein andernmal... ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen